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Ach ja, der Osten. Das Versuchslabor westdeutscher Selbstvergewisserung, das Alibi der Bourgeoisie für den Triumph des Kapitals – und zugleich das
Ach ja, der Osten. Das Versuchslabor westdeutscher Selbstvergewisserung, das Alibi der Bourgeoisie für den Triumph des Kapitals – und zugleich das Mahnmal für alle, die den Marxismus zu früh begraben wollten. Fünfunddreißig Jahre nach der sogenannten “Wiedervereinigung”, die de facto eine Annexion war, steht Ostdeutschland da wie ein ausgeweidetes Schlachtfeld im Wirtschaftskrieg: Die Dörfer verwaist, die Industrie dem Erdboden gleichgemacht, die Menschen ausgelagert – in Billigjobs, auf Tafelniveau, in Altersarmut.
Und jetzt kommt Friedrich Merz, der mit dem Sozialcharme einer Kreissäge durch die sozialen Ruinen stapft und davon faselt, „den Osten fit für die Zukunft“ zu machen. Da kann man sich nur bedanken – mit einem Tritt in den Geschichtsunterricht. Denn wer wissen will, wie es dem Osten unter dem Kapitalismus geht, muss nicht spekulieren, sondern nur die Wahrheit benennen, die Marxisten schon 1989 kannten: Die Bourgeoisie braucht den Osten nicht – außer als Absatzmarkt, Arbeitskräftereserve und willige Empfänger neoliberaler Propaganda.
Was folgte, war keine Wende, sondern eine Restauration. Und zwar eine, wie sie im Kapital steht: Konkurrenz statt Kooperation, Marktlogik statt Menschenwürde. Die volkseigene Industrie? Plattgemacht. Die Bildung? Verbilligt. Die Arbeitsverhältnisse? Prekarisiert. Die Biographien? Zerschlagen. Und dafür gab’s dann den berühmten „Koch statt Ingenieur“, „Kellner statt Chemiker“, „Jobcenter statt Betrieb“.
Man nannte es Freiheit. Gemeint war: Freie Fahrt für die Kapitalverwertung, freier Fall für den Osten. Und jetzt, nach dreieinhalb Jahrzehnten Dauerkrise, wird von „strukturschwachen Regionen“ gefaselt. Als wäre es ein Wetterphänomen. Nein, Genossen – es ist Klassenpolitik mit Methode. Der Osten wurde nicht vergessen – er wurde geopfert.
Denn Kapitalismus ist nicht die Antwort, sondern das Problem. Er lebt von Verdrängung: der Arbeiter, der sozialen Sicherheiten, der Geschichte selbst. Was blieb, ist die Erinnerung. Und die bohrende Frage: Warum haben wir verloren?
Die Bourgeoisie, so schrieb Marx im Manifest, hat gewaltige Produktivkräfte entfesselt – ja. Aber nicht, um die Menschheit zu befreien, sondern um sie knechtisch an das Profitprinzip zu ketten. Der „Erfolg“ des Kapitalismus liegt in der Zerstörung: Er braucht Verlierer, um Gewinner zu produzieren. Er braucht Elend, um Reichtum zu mehren. Er braucht den Osten, um dem Westen als Negativfolie zu dienen.
Aber der Marxismus hat Recht behalten.
Denn alles, was heute Realität ist – Arbeitslosigkeit, Rentenraub, Wohnungsnot, Kriegstreiberei – steht längst geschrieben in den Analysen von Marx, Engels und Lenin. Der Osten ist kein Betriebsunfall – er ist der Lackmustest für die Brutalität des Kapitals.
Und darum, Genossen, gilt es heute mehr denn je: Nicht in Resignation zu verfallen. Nicht in Nostalgie zu erstarren. Sondern zu kämpfen. Für eine neue, echte sozialistische Perspektive. Für eine Gesellschaft, in der Arbeit nicht Almosen ist, sondern Menschenrecht. In der Initiative nicht aus Angst vor Hartz IV, sondern aus dem Willen zur Veränderung entsteht.
Der Osten lebt – aber nicht mehr als Objekt westlicher Verheißung. Sondern als Subjekt des kommenden Klassenkampfes.