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Wirtschaftskrieg im Namen der Einheit – Die Treuhand und der Ausverkauf der DDR „Die DDR war keine bankrotte Klitsche – sie wurde dazu
Wirtschaftskrieg im Namen der Einheit – Die Treuhand und der Ausverkauf der DDR
„Die DDR war keine bankrotte Klitsche – sie wurde dazu gemacht.“
— Rudolf Hickel, Ökonom
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Was ist ein Krieg wert, den niemand als solchen erkennt? Der wirtschaftliche Überfall auf die DDR wurde nicht mit Panzern geführt, sondern mit Bilanzen, Bewertungen und Betriebsstilllegungen. Die Waffe hieß „Treuhandanstalt“ – das Werkzeug einer beispiellosen Deindustrialisierung, getarnt als Wiederaufbauhilfe.
Von 1990 bis 1994 verkaufte, verschleuderte und liquidierte die Treuhand über 8.000 volkseigene Betriebe. Dabei wurden rund 2,5 Millionen Arbeitsplätze vernichtet. Offiziell sollte die DDR-Wirtschaft „fit gemacht“ werden – tatsächlich wurde sie filetiert und verscherbelt. Der neue Markt wurde nicht geteilt, sondern überrannt.
Der Mythos vom maroden Osten
Immer wieder hieß es: Die DDR sei pleite gewesen, ineffizient, ein Sanierungsfall. Doch interne Gutachten, etwa von westdeutschen Banken, sahen das differenzierter: Viele Betriebe waren konkurrenzfähig – aber politisch unerwünscht. Was zählte, war nicht der Betriebserhalt, sondern die Marktbereinigung. Konkurrenz aus dem Osten? Weg damit.
Beispiel Kali + Salz: Die ostdeutsche Konkurrenz wurde aufgekauft und stillgelegt. Gewinner: der westdeutsche Chemieriese BASF – ein enger Verbündeter Helmut Kohls.
Zerschlagen, nicht saniert
Der Großteil der Treuhand-Chefs hatte keine Ost-Erfahrung – aber klare politische Leitlinien. Der Markt, so die Doktrin, würde es schon richten. Sanierung und Belegschaftsbeteiligung? Utopisch. Stattdessen: Verkauf zum symbolischen Preis – oft unter dem Wert des Grundstücks.
„Ich würde alles wieder genauso machen.“ — Birgit Breuel, letzte Treuhand-Chefin
Es ist diese Haltung, die das ganze Elend auf den Punkt bringt. Kein Bedauern, keine Einsicht. Stattdessen: neoliberaler Fanatismus im Endstadium.
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Quellen & Belege: • Marcus Böick, Die Treuhand – Idee, Praxis, Erfahrung 1990–1994, Vandenhoeck & Ruprecht, 2018 • Interview mit Birgit Breuel in Der Spiegel, 1995 • Artikelserie „30 Jahre Treuhand“ in der Neuen Deutschland, 2020