Wenn’s brodelt, ist’s noch nicht zu spät – Klassenkampf im Wartestand
Einleitung: Deutschland – Land der stillen Verzweiflung, der gemanagten Armut und der gepflegten Resignation. Alles scheint ruhig. Doch unter der Oberfläche gärt es. Die soziale Krise ist kein Ereignis – sie ist Dauerzustand. Dieses Dossier geht der Frage nach, wie nah der nächste soziale Knall wirklich ist. Wer kämpft – und wer schläft. Und vor allem: Was tun? Teil 1: Bürgerlich bis ins Mark – doch es brodelt im Beton Wie brodelt’s konkret in Deutschland? Deutschland wirkt ruhig. Zu ruhig. Das Land der Gartenzwerge, Frühbucher und Thermomix-Seminare scheint immun gegen Aufruhr. Doch der Schein trügt – unter der bürgerlichen Oberfläche gärt es. Der soziale Frieden? Bröckelt. Die Mittelschicht? Auf Abstiegsangst gebürstet. Und die Arbeiter:innenklasse? Totgesagt, aber lebendig – und wütend.
Siehst du sie nicht? Die Pflegerin mit zwei Jobs, den Amazon-Fahrer, der 12 Stunden ohne Pinkelpause schuftet, den Azubi mit 650 Euro Monatslohn und WG-Zimmer für 540 kalt? Hörst du sie nicht, die Gespräche über „diese Preise“, über „die da oben“? Man nennt das „Wutbürger“, „Populismus“, „Verrohung der Debatte“ – aber es ist ganz einfach Klassenrealität.
Und während Habeck von “Transformations-Chancen” faselt, transformiert sich der Kühlschrank vieler Menschen in ein kaltes, leeres Mahnmal des Mangels. Kinder wachsen mit dem Wort „Tafel“ auf, als wär’s ein Supermarkt. Rentner sortieren Pfandflaschen. Ganze Stadtteile werden entkernt – nicht durch Krieg, sondern durch Mieten.
Der Kapitalismus in Deutschland ist kein freundlicher Onkel mit Sozialticket. Er ist ein Manager mit Baseballschläger – freundlich im Ton, brutal im Vollzug. Und die Politik? Lächelt, reguliert, erklärt – und verwaltet das Elend wie ein Verwaltungsakt.
Was brodelt, ist keine plötzliche Empörung. Es ist angestaute Gewalt. Nicht immer sichtbar. Manchmal still – resigniert, zynisch. Aber das Pulverfass füllt sich. Tag für Tag.
Die bürgerliche Presse erkennt erste Risse – sie spricht von „Vertrauensverlust“, „politischer Polarisierung“, „Systemkritik von links und rechts“. Klartext: Die Leute glauben den Märchen vom gerechten Markt, vom sozialen Aufstieg und vom netten Neoliberalismus nicht mehr. Und sie haben verdammt gute Gründe dafür.
Wer da noch sagt: „In Deutschland ist das nicht wie in den USA“, hat nicht kapiert, wie sich Geschichte bewegt. Auch hier kann’s knallen. Aber nicht aus dem Nichts – sondern aus dem Alltag, der längst keiner mehr sein dürfte.
Teil 2: Die, die was tun – und die, die sich totstellen Wer organisiert was? Wer meint, in Deutschland tue sich nichts, soll mal die Augen aufmachen. Es brodelt nicht nur – es wird auch gekämpft. Im Schatten der Medien und jenseits von Talkshows. Nicht brav, nicht perfekt, aber echt.
Da sind die Leute bei der Bahn, im Krankenhaus, in der Kita. Sie streiken. Nicht weil sie Lust auf Konflikt haben, sondern weil sie müssen. Ver.di, GEW, IG Metall – manchmal klassenkämpferisch, oft gebremst. Aber es bewegt sich was. Die Streikfront ist nicht tot – sie atmet, schwer, aber sie lebt.
Dann gibt’s die Basisinitiativen: Belegschaften, die Betriebsräte gründen, Mieter:innen, die sich organisieren, Care-Arbeiter:innen, die sich nicht mehr ausbeuten lassen wollen. Es sind nicht die Massen, aber es sind Fingerzeige – auf das, was möglich ist, wenn man kollektiv denkt statt individuell kämpft.
Und ja – auch revolutionäre Gruppen gibt’s noch. Die MLPD, das „Rote Kollektiv“, marxistisch-leninistische Kerne, antifaschistische Netzwerke. Nicht alle sind einig, nicht alle sind auf der Höhe der Zeit. Aber sie halten die rote Fahne hoch, wo andere schon mit dem Regenbogen zur Kapitulation marschieren.
Aber was macht der große Rest der Linken? Beschäftigt sich mit sich selbst. Man schreibt Papiere über diskriminierungssensible Sprache, aber keine über Ausbeutung. Man organisiert Lesekreise – aber keine Betriebszellen. Es gibt mehr Strategie-Workshops als Strategien. Der politische Gegner? Braucht nicht mal mehr Repression, wenn die Linke sich selbst paralysiert.
Dabei wäre so viel möglich – wenn man sich traut, Klartext zu reden. Wenn man aufhört, um die bürgerliche Mitte zu balzen. Wenn man versteht: Wer sich nicht organisiert, wird organisiert – von oben.
Die Zeit der Betroffenheitsromantik ist vorbei. Jetzt braucht’s Klarheit. Und den Mut, Partei zu ergreifen – nicht für ein wohlklingendes Ideal, sondern für die Klasse, die täglich geschunden wird. Das bedeutet auch: raus aus der Komfortzone. Weg vom akademischen Elfenbeinturm. Rein in die Schule, den Betrieb, das Viertel. Nur da entsteht Macht.
Teil 3: Raus aus der Komfortzone – rein ins Getümmel! Welche Strategien braucht’s gegen die Lethargie der Linken?
Die deutsche Linke? Ein bisschen wie ein alter Laptop: zu viele Programme offen, nichts funktioniert richtig, und ständig stürzt sie ab. Redet sich klug, aber kommt nicht vom Fleck. Dabei müsste längst klar sein: Die Zeit der Selbstgespräche ist vorbei. Die Klasse ruft – wer nicht hört, hat schon verloren.
Was tun? Erstmal: aufhören mit dem Kuschelkurs. Kein Mensch da draußen braucht linke Wohlfühlrhetorik, sondern eine politische Kraft, die sagt, was Sache ist. Die Reichen werden reicher, der Rest schuftet, friert oder frisst Dreck – Punkt. Wer das nicht ausspricht, macht sich mitschuldig. Wer’s verwässert, verliert die, um die’s geht.
Zweitens: wieder lernen, Macht aufzubauen. Nicht in Stuhlkreisen, sondern im Klassenkampf. Das heißt: Betriebsgruppen, Streikunterstützung, Mieter:innenversammlungen. Da, wo’s weh tut. Nicht nur online pöbeln – offline organisieren. Nicht reden über „Empowerment“, sondern organisieren zur Gegenmacht.
Drittens: Raus aus der Szene-Ecke. Politische Arbeit ist keine Subkultur. Wer nur in linken Hinterzimmern agiert, überlässt den Marktplatz den Faschos. Wir brauchen eine Linke, die wieder auf den Bus wartet, mit den Leuten in der Schlange steht, die Probleme kennt, weil sie dieselben hat. Nicht als Helfer:innen – als Teil der Klasse.
Und viertens – ganz entscheidend: wieder eine klare Ideologie. Ohne marxistisch-leninistisches Fundament bleibt alles Wunschdenken. Wer den Antistalinismus nachbetet, hat die Kraft zur Revolution längst abgegeben. Der Feind freut sich, wenn wir brav diskutieren, ob das Wort „Klasse“ noch zeitgemäß ist, während er die Löhne drückt und Kriege führt.
Fazit? Wer Veränderung will, muss sie machen. Organisieren. Bilden. Eingreifen. Keine Szene, keine Distinktionsspielchen, keine Angst vor Klartext. Sondern klare Fronten – Klassen gegen Klassen. Und wer dabei ist, verdient Respekt. Wer’s belächelt, hat die Realität längst aus den Augen verloren.
Schluss: Keine Ausreden mehr Wir stehen nicht am Anfang – sondern mitten im Zerfall der bürgerlichen Ordnung. Wer jetzt noch auf „mehr Bildung“, „neue Narrative“ oder „linke Einheitsgefühle“ setzt, hat den Ernst der Lage nicht begriffen. Der Kapitalismus brennt Löcher in unsere Lebensrealität – wir haben die Pflicht, zurückzuschlagen. Nicht irgendwann. Nicht „wenn die Leute soweit sind“. Jetzt.
Schluss mit dem Zaudern. Schluss mit der Anpassung. Lasst uns wieder angreifen – organisiert, mit Haltung, mit Klarheit. Die Klasse wartet nicht – sie kämpft. Entweder mit uns. Oder ohne uns.