Teil 1: Das Versprechen
Es war der 12. September 1990. In Moskau unterschrieben die Außenminister der beiden deutschen Staaten sowie die Siegermächte des Zweiten
Es war der 12. September 1990. In Moskau unterschrieben die Außenminister der beiden deutschen Staaten sowie die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs den sogenannten Zwei-plus-Vier-Vertrag. Damit war der Weg frei für die „Wiedervereinigung“ – oder, nüchterner gesagt, die Übernahme der DDR durch die BRD.
Im Vertrag steckt ein Artikel, der wie eine ewige Mahnung klingen sollte:
„Von deutschem Boden wird nur Frieden ausgehen. Das vereinte Deutschland wird daher keine seiner Waffen jemals einsetzen, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen.“
Das klingt nach Friedensstaat, nach Neubeginn, nach moralischer Läuterung. Und es war auch genau so gedacht: Die Nachbarn, vor allem die Sowjetunion, sollten beruhigt werden. Niemand sollte Angst vor einem neuen deutschen Militarismus haben.
Doch während die Feder noch über dem Papier kratzte, saß im Hintergrund schon die gleiche alte deutsche Bourgeoisie, die sich ihre Einheit als Startsignal für neue Großmachtträume zurechtlegte. Artikel 2 war nicht mehr als eine Beruhigungspille – nötig, damit Gorbatschows Sowjetunion zustimmte.
Ein Vertrag als Beruhigungstablette
Die Bedingung war klar: Ja zur Einheit, aber nur, wenn Deutschland schwört, nie wieder als Aggressor aufzutreten. Artikel 2 verband die Souveränität direkt mit einer Friedensgarantie. „Nie wieder“ – so lautete die Formel.
Doch „nie wieder“ hieß schon damals in Wahrheit: „Nie wieder ohne NATO“. Deutschland band sich eng an das westliche Bündnis, Artikel 2 wurde so interpretiert, dass jede Aggression erlaubt ist, solange ein NATO- oder UN-Etikett draufklebt.
Von Anfang an eine Mogelpackung
Die BRD präsentierte sich als geläutert. Aber wer genau hinschaute, sah: Das Grundgesetz (Art. 26) untersagt Angriffskriege – gleichzeitig baute die Bundeswehr Schritt für Schritt ihre Rolle als „Armee im Einsatz“ aus. Wer an den Frieden glauben wollte, bekam schöne Worte. Wer die Realität betrachtete, sah, dass die Weichen schon auf Expansion gestellt waren.
Artikel 2 war damit weniger ein Friedenseid als ein diplomatischer Trick. Er besiegelte die Einheit – aber er war nie ernst gemeint.
Ausblick
In Teil 2 schauen wir auf den ersten offenen Bruch dieses Versprechens: den Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999. Da zeigte sich, wie schnell „Von deutschem Boden geht nur Frieden aus“ in „Von deutschem Boden fliegen wieder Bomben“ verwandelt wurde.