Teil 2: Der erste Bruch – Jugoslawien 1999
„Nie wieder Krieg“ – das war der Schwur von 1990. Doch keine zehn Jahre später hörte man in Belgrad deutsche Bomber über den Dächern
„Nie wieder Krieg“ – das war der Schwur von 1990. Doch keine zehn Jahre später hörte man in Belgrad deutsche Bomber über den Dächern heulen. Der erste Angriffskrieg der Bundeswehr seit 1945 – ausgerechnet gegen Jugoslawien, jenes Land, das im Zweiten Weltkrieg brutal unter deutscher Besatzung gelitten hatte.
Die „humanitäre“ Bombe
Damit das nicht so klang, wie es war – also nach Angriffskrieg –, erfand die NATO die Formel der „humanitären Intervention“. Außenminister Joschka Fischer, früher Straßenkämpfer mit Turnschuh, jetzt NATO-Stratege mit grüner Fliege, erklärte, man müsse Bomben werfen, um „ein neues Auschwitz“ zu verhindern.
So wurde deutsche Kriegspolitik wieder salonfähig: Auschwitz als Begründung für den nächsten Krieg. Ein Zynismus, der kaum zu übertreffen ist.
Von der Turnschuh- zur Tarnfleckfraktion
Die Grünen hatten sich einst gegründet mit der Parole „Nie wieder Krieg“. 1999 verwandelten sie sich in die Partei „Nie wieder ohne NATO“. Wer sich weigerte, Bomben im Namen des Friedens gutzuheißen, galt als „unsolidarisch“ oder gar „antidemokratisch“.
Und so flogen deutsche Tornados ihre Einsätze über Serbien – offiziell für Menschenrechte, in Wahrheit für die Durchsetzung westlicher Machtinteressen auf dem Balkan.
Artikel 2? Ach ja, den gab’s ja auch noch
Der Zwei-plus-Vier-Vertrag? Artikel 2? Das Gewaltverbot der UN-Charta? Alles plötzlich Nebensache. Deutschland und die NATO führten Krieg ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats – ein klarer Bruch des Völkerrechts.
Doch wer sich darauf berief, bekam nur höhnische Antworten: „Wir schaffen neues Recht durch Taten.“ Mit anderen Worten: Das Recht gilt, solange es uns passt.
Der Dammbruch
1999 war der Dammbruch. Ab da war klar: Die Bundeswehr ist nicht mehr Verteidigungsarmee, sondern Interventionsarmee. Jugoslawien war das Menetekel – der Punkt, an dem Artikel 2 des Zwei-plus-Vier-Vertrags zur Makulatur wurde.
Ausblick
Im nächsten Teil schauen wir uns an, wie Deutschland nach 1999 Schritt für Schritt zum globalen Militärakteur wurde: Afghanistan, Mali, Syrien. Exportweltmeister im Krieg – mit dem Gütesiegel „Made in Germany“.