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Marx gegen Mythen #3 Kapital ist kein Ding – Kapital ist ein Verhältnis Frag zehn Leute, was Kapital ist – du bekommst zehn Antworten: Geld,
Frag zehn Leute, was Kapital ist – du bekommst zehn Antworten: Geld, Maschinen, Immobilien, „was man so investiert“. Aber alle liegen daneben. Denn Marx sagt: Kapital ist kein Ding. Kapital ist ein gesellschaftliches Verhältnis. Und das ist der vielleicht wichtigste Unterschied zwischen materialistischer Analyse und bürgerlicher Illusion.
Klar: Kapital tritt oft als Geld auf. Aber nicht jedes Geld ist Kapital. Wer Geld hat und es ausgibt, um etwas zu konsumieren, ist kein Kapitalist. Kapital entsteht erst, wenn Geld investiert wird, um mehr Geld zu machen: G – W – G’ Geld → Ware → mehr Geld. Das ist der Grundzyklus des Kapitals. Und was passiert dazwischen? Ausbeutung.
Auch Maschinen sind kein Kapital „an sich“. Die gleiche Maschine kann in verschiedenen Gesellschaften unterschiedliche Funktionen haben. In einer Genossenschaft zur Bedürfnisbefriedigung ist sie Produktionsmittel. In einem kapitalistischen Betrieb ist sie Kapital – weil sie im Dienst steht, Mehrwert aus lebendiger Arbeit zu ziehen.
Marx sagt: Kapital ist vergegenständlichte Arbeit, die sich lebendige Arbeit unterwirft. Es ist kein Ding, sondern eine Macht. Eine soziale Beziehung – vermittelt durch Dinge.
Der Kapitalist kauft Arbeitskraft. Der Arbeiter verkauft sie. Das heißt: Der Kapitalist besitzt das Produktionsmittel – und damit das Recht, den Produktionsprozess zu kontrollieren. Der Arbeiter hat nichts als seine Arbeitskraft – also muss er sich verkaufen. Das Ergebnis: ein strukturelles Gewaltverhältnis, das sich in der Fabrik, im Büro, im Callcenter täglich neu reproduziert.
Im bürgerlichen Denken wird Kapital naturalisiert: Als „Sparleistung“, „Produktivität“, „Investition“. Es erscheint als individuelle Leistung statt als gesellschaftliches Verhältnis. Das ist ideologisch hochwirksam – denn es verdeckt die Klassenverhältnisse und präsentiert Eigentum als unsichtbare Selbstverständlichkeit.
Kapital wird so zur unsichtbaren Herrschaft – aber ihre Wirkung ist real: Produktionszwang, Arbeitshetze, Profitlogik, Standorterpressung. Und all das im Namen von „Wachstum“ und „Innovation“.
Wer Kapital „neutral“ oder „technisch“ versteht, kann nie zum Kern des Problems vordringen. Kapitalismus ist nicht schlecht, weil er unfair ist – sondern weil er auf einer systematischen Unterordnung der lebendigen Arbeit unter die toten Produktionsmittel beruht. Der Mensch wird Mittel – das Kapital Zweck.