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Marx gegen Mythen #4 Arbeit: Warum nicht jede Verausgabung von Energie produktive Arbeit ist ? „Arbeit ist Arbeit“, heißt es. Wer schuftet, der
„Arbeit ist Arbeit“, heißt es. Wer schuftet, der schafft. Aber so einfach ist das nicht – zumindest nicht bei Marx. Denn bei ihm ist nicht jede Verausgabung von Kraft, Zeit und Nerven automatisch produktive Arbeit. Klingt komisch? Ist aber der Kern jeder materialistischen Analyse der Ausbeutung.
Für Marx ist Arbeit zunächst jede zielgerichtete Tätigkeit, bei der der Mensch sich die Natur aneignet – vom Jagen über das Kochen bis zur Maschinenbedienung. Das ist Arbeit im allgemeinen Sinn – ein ewiger Begleiter der Menschheitsgeschichte.
Aber im Kapitalismus interessiert etwas anderes: Arbeit, die Wert schafft. Und das ist nur Arbeit, die im Rahmen der Warenproduktion verausgabt wird – also im kapitalistischen Produktionsprozess. Nur dort wird Arbeit zum Träger von Wert.
Für Marx ist Arbeit produktiv, wenn sie Mehrwert schafft. Das ist entscheidend: Nicht die Anstrengung zählt, nicht die Nützlichkeit, nicht das moralische Urteil. Sondern: Ob die Arbeit in einem Verhältnis von Kapital und Lohnarbeit steht – und ob sie Mehrwert erzeugt, der vom Kapitalisten abgeschöpft wird.
Ein Lehrer an einer staatlichen Schule mag gesellschaftlich nützlicher sein als ein Werbetexter in einer PR-Agentur. Aber der Werbetexter, der Markenimage für Konzerne produziert, schafft Mehrwert – der Lehrer nicht. Produktivität im Marxschen Sinn hat nichts mit gesellschaftlichem Nutzen zu tun, sondern nur mit Verwertbarkeit im Kapitalprozess.
Was das konkret heißt • Ein Künstler, der unabhängig malt, schafft keinen Wert. • Derselbe Künstler, wenn er im Auftrag eines Werbekonzerns arbeitet, ist produktive Arbeitskraft. • Die Kassiererin im Supermarkt, obwohl nur „umsortierend“, ist produktiv – weil sie Teil der Realisierung des Mehrwerts ist. • Eine Ärztin im privatwirtschaftlich betriebenen Krankenhaus ist produktive Arbeitskraft – nicht weil sie heilt, sondern weil sie Profit abwirft.
Heftig? Ja. Aber notwendig, um die Funktionsweise des Kapitalismus zu durchschauen.
Sie tun so, als sei Arbeit immer dann produktiv, wenn sie „etwas bringt“. Und „bringen“ wird dann ökonomistisch definiert – als Umsatz, als Effizienz, als „Standortvorteil“. Damit wird verschleiert, dass es im Kapitalismus nie um die Arbeit für die Gesellschaft geht – sondern immer nur um die Arbeit für das Kapital.
Produktive Arbeit im Kapitalismus ist die Arbeit, die ausgebeutet werden kann. Wer das moralisch findet, hat Marx nicht verstanden. Wer es kritisiert, ist auf dem richtigen Weg.