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Marx gegen Mythen #6 Was ist eigentlich das Wertgesetz – und warum fällt es nicht vom Himmel? „Der Markt regelt sich selbst“, sagen sie.
Was ist eigentlich das Wertgesetz – und warum fällt es nicht vom Himmel?
„Der Markt regelt sich selbst“, sagen sie. „Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis“, sagen sie. Und meinen damit: Das Wertgesetz. Doch was sie darunter verstehen, hat mit dem zu tun, was Marx analysiert hat, ungefähr so viel wie ein Bierzelt mit der Pariser Kommune.
Was ist das Wertgesetz bei Marx?
Ganz einfach gesagt: Das Wertgesetz besagt, dass sich die Werte der Waren durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit bestimmen, die zu ihrer Herstellung erforderlich ist.
Nicht durch das, was jemand „will“. Nicht durch „Nachfrage“. Und schon gar nicht durch „Nützlichkeit“. Sondern durch durchschnittliche, standardisierte Arbeitszeit – unter gegebenem Technik- und Produktionsstand. Ob ein Tisch aus edlem Holz oder Sperrholz ist, spielt keine Rolle – entscheidend ist, wie lange und wie auf welchem Niveau daran gearbeitet wurde.
Was ist daran „gesetzmäßig“?
Das Wertgesetz wirkt nicht wie ein Naturgesetz, sondern als gesellschaftliches Gesetz innerhalb des Kapitalismus. Es ist kein „moralisches Prinzip“, sondern ein ökonomischer Mechanismus. Wer unter dem Durchschnitt produziert, bleibt auf seinen Waren sitzen. Wer effizienter produziert, verkauft – und realisiert Mehrwert. Das heißt: Das Wertgesetz erzwingt Konkurrenz, Rationalisierung und Ausbeutung.
Was es nicht ist: Preis = Wert
Bürgerliche Ökonomie wirft alles in einen Topf: Wert, Preis, Nachfrage, Angebot. Marx trennt: Der Preis ist die Erscheinungsform, der Wert das Wesen. Preise schwanken – Wert ist stabil (aber nicht ewig). Das Wertgesetz drückt sich nicht immer direkt im Preis aus – es wirkt trotz der Preisfluktuationen als strukturelle Regulierung.
Kurz: Die Preisbildung ist das Wetter, das Wertgesetz das Klima.
Warum es nicht „vom Himmel fällt“ ?
Das Wertgesetz gilt nicht ewig. Es ist kein ewiges Prinzip, sondern Produkt einer bestimmten Produktionsweise: der warenproduzierenden Gesellschaft. Es entsteht nicht in der Familie, nicht in der Urgesellschaft, nicht im Sozialismus – sondern nur dort, wo Arbeitsprodukte systematisch als Waren getauscht werden.
Und: Es wirkt nicht „von außen“, sondern durch den praktischen Zwang des Marktes – in Konkurrenz, in Lohnsenkung, in technischer Umrüstung, in Weltmarktpreisen. Es ist der ökonomische Peitschenhieb, der die Arbeiterklasse antreibt – nicht weil jemand böse ist, sondern weil das System so funktioniert.
Fazit: Das Wertgesetz ist kein Naturgesetz – sondern ein Ausdruck kapitalistischer Verhältnisse. Es ist nicht ewig – aber es ist zwingend, solange der Kapitalismus herrscht.